So langsam wird es ernst mit dem Moshi Freundschaftscup 2011, wie unser Fußballturnier am Samstag nun heißt. Zwar bin ich gerade fix und fertig, weil die letzten beiden Tage ein einziges Organisations-Gehetze waren. Aber immerhin: Nun sollte für den bunten Nachmittag am kommenden Samstag alles geregelt sein. Die etwa 300 teilnehmenden Kinder trainieren hoffentlich schon fleißig Fußball oder proben für ihren Auftritt.

Ein großes Fragezeichen löste sich gestern auf. Morgens hatte ich Mohammed, meinem Gastvater, von dem Vorhaben erzählt. Er bot an, bei einem moslemischen Koch, der auf Großereignisse spezialisiert ist, nachzufragen, ob dieser am Samstag kochen kann. Kann er! Er gibt Pilau, das ist Reis mit (Ziegen-) Fleisch, dazu eine vegetarische Variante. Ganz nebenbei bemerkt: Zumindest für meine Tuleeni-Waisenhauskinder ist das eine echte Delikatesse. Meine Organisation World Unite, mit der ich hier bin, spendet netterweise Obst und druckt Flyer, die morgen und übermorgen an Touristen verteilt werden.

Heute habe ich exakt 540 Flaschen Saft gekauft und außerdem die restlichen Fußballmannschaften verpflichtet. Dafür waren mehrere Telefonate, ein “Planungs-Mittagessen” und eine Taxifahrt in einen anderen Stadtteil nötig. Nun spielen vier Waisenhäuser und zwei Jugendtreffs gegeneinander. Jeder stellt zwei Mannschaften mit Kids zwischen 4 und 8 sowie zwischen 8 und 14 Jahren. Macht zwölf Mannschaften. Parallel zum Fußball gibt es ein Animationsprogramm für alle anderen Kinder. Mit meinen Mitvolontären als Lehrer lernen die Kinder jonglieren, springen Seil, werden geschminkt oder studieren Cheerleading-Nummern ein.

Zwischen den Gruppenspielen (11 bis 13 Uhr) und der Finalrunde (15 bis 17 Uhr) findet ein großer “Showblock” statt. Davon hatte ich im letzten Eintrag ja schon berichtet. Auch dafür habe ich die letzten Zusagen bekommen. Die Waisenhäuser und Jugendtreffs führen traditionelle Tänze vor, singen, rappen, trommeln, schauspielern, geben akrobatische Einlagen zum Besten oder führen außergewöhnliche sportliche Dinge vor.

Jetzt hoffe ich, dass es nicht regnet, dass die fehlenden Toiletten (wir reden hier immerhin über sechs Stunden Veranstaltungsdauer) niemandem auffallen und sich die afrikatypische Improvisation auf ein Minimum beschränken wird.

Leider gerät meine Arbeit für NAFGEM dadurch immer mehr in den Hintergrund. Dabei hat mir der gestrige Tag wieder gezeigt, wie wichtig diese Arbeit ist. Zusammen mit meiner Kollegin Honorata ging’s auf Dienstreise nach Rombo, einem Distrikt direkt an der kenianischen Grenze. Dort wollten wir Dreharbeiten vorbereiten, die im November stattfinden. Gefilmt werden sollte eine Erfolgsgeschichte: ein Familienvater, der vorhatte, seine Tochter (16) beschneiden zu lassen und sie (zwangs-)verheiraten wollte, aufgrund einer NAFGEM-Infoveranstaltung aber davon abgehalten worden ist.

Wir besuchten erst die Tochter in der Schule und sind dann zum Haus der Familie gefahren. Dort haben wir zwar den Vater nicht angetroffen, dafür aber von seiner Zweitfrau erfahren, dass er es sich wieder anders überlegt hat… Eine große Rolle spielt hierbei das Geld. Nur wenn die Tochter beschnitten ist, ist sie für ihre Familie ein lukratives Handelsobjekt. Und dann sind da ja noch die Beschneider selbst, die einen Batzen Geld für die schäbige Arbeit bekommen und deshalb keine Veranlassung sehen, ihr Tun einzustellen. Mädchen als Ware.

Also geht für NAFGEM der ganze Spaß wieder los, wie wir ihn neulich schon hatten: Polizei einschalten, gerichtliche Verfügung der regelmäßigen Vorführung des bedauernswerten Mädchens bei einem Arzt erwirken und, und, und.

Es war wieder einmal sehr interessant zu sehen, wie unterschiedlich Menschen sind. Hier die “Beschneiderfamilie”, die uns sehr kühl empfing, und das ziemlich schüchterne Mädchen, dessen Schicksal nun doch wieder mehr als ungewiss ist. Und dann die unmittelbare Nachbarfamilie, die NAFGEM einst den Tipp gegeben hatte, eigentlich nur für den benachbarten Familienvater den Vortrag über die fatalen Folgen der Beschneidung auszurichten. Diese Familie war ausnehmend freundlich, lud uns zum Tee ein und sprach offen über das, was den Nachbarkindern droht und ihren eigenen Kindern zum Glück erspart bleibt. Man kann das durchaus als mutig bezeichnen. Denn erstens wohnen nur diese beiden Familien unmittelbar nebeneinander auf einem großen Stück Land, mit dem Frieden ist es spätestens nach unserem gestrigen Besuch sicher endgültig vorbei. Zum zweiten ist der “Beschneidervater” ein angesehener Mann und hat seinen Nachbarn bereits mit dem Bann des gesamten Distrikts gedroht.

Meinen Bann wird lediglich der Kisuaheli-Unterricht treffen, aber erst ab Montag. Ich habe keine Zeit zum Lernen und hänge meilenweit hintendran. Heute muss ich aber noch hingehen, weil mir der Dozent die Teilnahme eines großen Waisenhauses am “Showblock” vermittelt hat und er vielleicht noch ein paar Dinge besprechen will. Aber dann ist damit Mwisho – Ende.

 

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