Diät-Cola in Afrika

So ein Perspektivenwechsel ist interessant. Jetzt weiß ich, wie sich die Praktikanten in meiner letzten Firma gefühlt haben. Auch sie bekamen anfangs jede Menge Hefte, um sich “einzulesen”. Genauso erging es mir an meinem ersten Arbeitstag bei NAFGEM. Dort habe ich die Jahresreports der letzten fünf Jahre bekommen, dazu gebündelte Ergebnisse der letzten zehn Jahre sowie die Strategie für die nächsten fünf Jahre. Und das alles in englischer Sprache. Puh. Kein Wunder, dass mir schon um 10.30 Uhr – also nach anderthalb Stunden – beinahe die Augen zugefallen wären.

Wann immer Francis, der Büroleiter, Zeit hatte, holte er mich zu sich und erzählte mir etwas zu Philosophie, Struktur und Arbeitsweise des Vereins. Das war gut und interessant.

Schön und auch nützlich ist die Lage. NAFGEM hat seine drei kleinen Büroräume direkt an der größten und wichtigsten Kreuzung Moshis gemietet. So waren meine Befürchtungen, ich würde an meinem ersten Arbeitstag ins falsche Sammeltaxi steigen oder die Haltestelle verpassen, unbegründet.

Wir sitzen in der dritten von vier Etagen eines Bürohauses. Vom Flur aus kommt man in das Empfangsbüro, dort sitzt Isabella (26). Links geht Francis’ Büro ab, rechts das von Asifiwe (24) und mir. Asifiwe hat gerade ihren Bachelor of Art in Community Economical Development gemacht und spricht im Gegensatz zu Isabella Englisch. Die beiden haben mich heute Mittag zu gebackener Banane (unerwartet trocken und geschmacksneutral) und nachmittags zu Muffins und Nüssen eingeladen. Nett! Noch ein Tipp: Es ist nicht schlau, in Afrika um eine Cola Light (Diet Coke) zu bitten. Gibt’s hier nicht, genauso wenig wie die Notwendigkeit einer “Diet”…

Um 15.30 Uhr war ich mit Adelina verabredet, die mich ins Waisenhaus begleiten wollte. Sie hatte sich verspätet, und so stand ich eine halbe Stunde am belebtesten Platz Moshis herum. Keine gute Idee. Ein Weißer fällt dort einfach auf. Ständig sprachen mich Straßenverkäufer und Taxifahrer an.

Andererseits hatte ich auch Gelegenheit, die Menschen zu beobachten. Dabei fielen mir zwei Albinos auf. Diese Menschen werden in Tansania häufig Opfer von Verfolgungen: Ihrem Fleisch wird eine besondere Wirkung zugeschrieben, entsprechend teuer ist es … Etwas beklemmend, das zu wissen und neben diesen Menschen zu stehen.

Wo wir gerade bei den unschönen Themen sind: Ein anderer deutscher Volunteer musste heute umgehend nach Deutschland abreisen. Sie hat sich eine Augeninfektion zugezogen. In Deutschland kann hoffentlich Schlimmeres verhindert werden.

Job Nummer zwei ist ja das Waisenhaus. Es liegt etwas außerhalb der Stadt – leider in eine andere Richtung als mein Zuhause. Am Samstag findet die erste Fußball-Trainingseinheit statt. Danach muss ich schauen, wie NAFGEM, Waisenhaus und Wohnort unter einen Hut zu bringen sind. Das wird schwierig, soviel steht fest. Nicht nur, dass die Fahrt vom Zentrum über Waisenhaus nach Hause extrem lange dauert – wer will schon einen verschwitzten Typen im Daladala haben, wo sich die Leute wirklich Guinessbuch-reif knubbeln? Eben, niemand… Schau’n mer mal, wie sich das löst.

Gelöst sind jedenfalls andere Probleme, und deshalb hat sich meine Laune auch stark verbessert: Ich habe einen Prepaid-Internetstick! Zwar musste die ganze NAFGEM-Team mithelfen (kaufen, anmelden, freischalten, installlieren), aber nun klappt’s. Bisher hatte ich kaum Kontakt zur Außenwelt bzw. Heimat. Hier ist regelmäßig Stromausfall, deshalb kam ich nicht ins Internet, und das deutsche Handy funktioniert nur für SMS. Egal, jetzt läuft’s. Das nächste “Projekt”: Fotos von der Kamera via Netbook in den Blog übertragen…

Jetzt muss ich arbeiten, die ersten beiden Stunden der Schicht sind rum. Meine (selbstgewählte) Aufgabe ist es, ein Social-Media- und Marketing-Konzept für NAFGEM zu erstellen. Montag will ich es vorstellen.

Viele Grüße nach Deutschland!
Olaf

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21 Comments

  1. Oli, du hast einen blog! 1a! Mit Entzückung und einem Schmunzeln verfolge ich deine Erfahrungen…
    Grüßchen aus dem Pott:)

  2. Olllllaaaaf!!!
    Hab gerade ganz gefesselt deine ersten Eindrücke “verschlungen”. Das wird ein Abenteuer! Werde deine Berichte fleißig lesen. Viele Grüße aus München 🙂
    Annette

  3. Hi Olaf,
    derdirk hat deinen Beitrag in der Tipprundenmail veröffentlicht. Und da ich vor ein paar Jahren urlaubsmäßig auch mal in Moshi war, habe ich deinen Blog mit großem Interesse verschlungen. Hört sich großartig an und weckt einige Erinnerungen! Da wir vor dem Start unserer Rundreise ein paar Tage auf eigene Faust in Moshi waren, glaube ich, die Stadt ganz gut zu kennen. Der Kreisel an dem das Büro liegt kommt mir jedenfalls bekannt vor. Andererseits kann ich mich nicht mehr an die Namen unserer Hotels erinnern…

    Viel Spaß auf jeden Fall bei der Safari. Der Ngorongoro ist traumhaft und gezeltet haben wir damals auch. Deine Wertschätzung für fließendes Wasser kann ich nachvollziehen, wir hatten 6 Tage lang gar keins. Wie war das nochmal mit “Hygiene wird überschätzt”? Stimmt!
    Und wenn man sich erstmal an mehrere Schichten von Sonnencreme, Mückenschutz, Staub und Schweiss gewöhnt hat, ist es gar nicht mehr schlimm. Und in Tanzania habe ich auch gelernt, dass man nach einem langem Fahr- oder Safaritag auch ein warmes Bier echt zu schätzen weiss. Aber ein gekühltes Ndovu ist natürlich trotzdem besser…

    Viel Spaß noch! Bin echt neidisch!
    Frank

    1. Hallo Frank,

      du siehst bzw. liest: Auch mich hat Ngorongoro umgehauen. Es war einfach toll dort.
      In der Tat verschieben sich hier so einige Dimensionen. Zum Beispiel fiel mir gestern auf der Fahrt ein, dass in Deutschland Airwaves, Fishermans und Cola Light fest im Alltag verankert waren. Sowas ist hier natürlich Luxus pur und eigentlich total überflüssig. Auch wenn ich in einem anderen Beitrag etwas geschrieben habe à la “Erlaubt ist, was gefällt”, so hoffe ich doch, dass ich ein paar Dinge verändere, wenn ich wieder in Deutschland bin.
      Viele Grüße!
      Olaf

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